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COMPASSIO, IONIS … „das Büro, Büros“ 20th of May, 2006 POST·MERIDIEM 02:46

„Alle aus dem Lateinischen hervorgegangenen Sprachen bilden das Wort Mitgefühl aus der Vorsilbe com– und dem Wort, das ursprünglisch »Leiden« bedeutete: passio. Andere Sprachen, so das Tschechische, das Polnische und das Schwedische, drücken diesen Begriff durch ein Substantiv aus, das aus der Vorsilbe Mit– und dem Wort »Gefühl« besteht (tschechisch sou-cit, polnisch współ-uczucie, schwedisch med-känsla).“
„In den aus dem Lateinischen hervorgegangenen Sprachen bedeutet das Wort compassio: wir können nicht herzlos den Leiden eines anderen zuschauen; oder: wir nehmen Anteil am Leid des Anderen. Aus einem anderen Wort mit ungefähr derselben Bedeutung (französisch pitié, englisch pity, italienisch pietà usw.) schwingt sogar unterschwellig so etwas wie Nachsicht dem Leidenden gegenüber mit: »Avoir de la pitié pour une femme« heißt, daß wir besser dran sind als diese Frau, uns zu ihr hinabneigen, uns herablassen.“
„Aus diesem Grund erweckt das Wort Mitleid Mißtrauen: es bezeichnet ein schlechtes Gefühl, das als zweitrangig empfunden wird und nicht viel mit Liebe zu tun hat. Jemanden aus Mitleid zu lieben heißt, ihn nicht wirklich zu lieben.“
(von Milan Kundera, „Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins“, aus dem Tschechischen von Susanna Roth.)

Yeah, yeah, I should have read The Unberable Lightness of Being ten years ago when it wasn’t totally démodé. Anyway, the musing above strikes me as notable; pretty reasonable, pretty informed, linguistically oriented and in a widely-successful novel. It’s rare that all these things come together, and a sign that the apocalypse is perhaps distant after all.

Word of the day: бюро is Tajik for ‘office,’ from the French via the Russian.

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